Leo Frobenius (1873-1938) war ein bedeutender deutscher Ethnologe und Afrikaforscher. Inspiriert von der diffusionistischen Theorie Friedrich Ratzels war er der Erste, der den Begriff des Kulturkreises in die Ethnologie einbrachte. Unter den Eindrücken seiner Afrikareisen wandte er sich jedoch von der Kulturkreislehre ab und entwickelte die Kulturmorphologie (siehe unten).

Leben und Historischer Hintergrund

  • Kontext: Deutsches Kaiserreich, Urbanisierung, Industrialisierung
  • Später: Vorabend des 1.WK
  • Frobenius Vater war Offizizer
  • Frobenius hat nie studiert, er war Autodidakt

Forschung

  • Erforschung des Verhältnisses zwischen Kolonialherrschern und Eingeborenen
  • Forschungen zum Thema „Königsmord" und „Sakrale Könige"
  • Zwischen 1904/05 und 1935 organisierte er 12 Forschungsreisen nach Afrika und weitere nach Asien
    • Auf diesen Forschungsreisen sammelt er eine Vielzahl von Artefakten (allein auf der ersten Expedition sammelt er ca.8000 Objekte) und lässt eine Unmenge an Aufzeichnungen erstellen
  • Seine Expeditionen eröffneten für Frobenius realitätsnahere Ideen woraufhin er seine Kulturauffassung modifizierte.

Methode

  • Nutzt induktiven Ansatz
  • Frobenius Theorie brachte es mit sich, dass er möglichst umfängliche Sammlungen von Artefakten brauchte, um sie zu bestätigen.
    • Darum hatte Frobenius immer eine Schar von Zeichnern und Malern dabei, die verschiedene Kulturgegenstände abbilden. Auch Köche und Soldaten usw. gehörten seinen Expeditionen an.
      • Er profitiert dabei natürlich von kolonialer Infrastruktur
  • Polygraphische Methode impliziert, dass er keine enge Beziehung mit den Einheimischen eingehen kann, da er nie lange an einem Ort bleibt
    • Dennoch fordert er „Empathie" (Einfühlung) in die jeweils erforschte Kultur, denn rein rational könnte man nicht alles erfassen. Darauf hin wirft man ihm Unwissenschaftlichkeit und Spekulation vor.
  • Er beschreibt afrikanische Kultur mit deutschen, wilhelminischen bzw. europäischen Begriffen (Frobenius: "Kultur ist eben etwas Deutsches.")

Motivation

  • Frobenius meint, dass die eigentlich afrikanischen Kulturen durch den Einfluss der Kolonialisierung und das Fortschreiten des Islam bereits verschwunden sind. Er versucht das ursprüngliche Afrika anhand der von ihm gesammelten Märchen, Geschichten usw. zu rekonstruieren. Dabei geht er von einer grandiosen kulturellen Vergangenheit Afrikas aus, von der in der Gegenwart nur noch Trümmer vorhanden wären. Damit ist er einer der Ersten, der Afrika eine eigene geschichtliche Entwicklung zugesteht.
  • Frobenius suchte nach einer Theorie, die folgende drei Punkte überwinden würde:
    • Bastians Vorstellung universaler Gesetze
    • Ratzels geografischen Determinismus
    • Die Begrenztheit menschlichen Bewußtseins
      • Rational ist nicht alles zu erfassen, man braucht Einfühlung (Empathie).
  • Er sucht nach einer Lösung für die Probleme der eigenen Gesellschaft (s.o.)
    • Die historischen Entwicklungen der eigenen Gesellschaft spiegeln sich in seiner Interpretation Afrikas (Hamiten und Äthiopen-Theorie).

Thesen

Prinzipiell lassen sich Frobenius' Theorien als Spielarten des Diffusionismus verstehen. Insofern sind sie stark vom Werk Friedrich Ratzels beeinflusst.

Kulturkreislehre

  • Die Kulturkreislehre entsteht noch vor Frobenius Expeditionen nach Afrika, die sein Kulturverständnis verändern sollten.
  • Frobenius bringt den Begriff Kulturkreise 1897/98 erstmals in die ethnologischeTheorie
  • Auf Grundlage seines Afrikaarchivs (1898), das systematisierte Informationen zu afrikanischen Kulturen enthält entwickelt er Kulturkreise.
    • Um das Auftreten desselben Kulturelements in weit voneinander entfernten Kulturen erklären zu können, postuliert er einen gemeinsamen Ursprung. Ein gemeinsamer Ursprung wird dabei durch zwei Kriterien nachgewiesen: Das Form- bzw. Qualitätskriterium und das Quantitätskriterium. (siehe Kulturhistorische Methode )
    • Die Gebiete, in denen gleiche Kulturelemente auftreten, fasst er als Kulturkreise zusammen
      • Einzelelemente der Kulturkreise bilden ein organisches Ganzes
    • Aus der Verteilung der Kulturgüter auf der Erde meint Frobenius Primärkulturen rekonstruiert zu können, die sich im Verlauf der Geschichte über die ganze Erde ausbreiteten
      • Kulturkreise seien dort entstanden, wo Kulturelemente korrelierten

Kulturmorphologie

  • Die Kulturmorphologie(morph: griech. Gestalt) beschreibt die äußere Form von Kultur, wobei die einzelnen Teile der Gesellschaft zusammenhängen und somit ein organisches Ganzes, einen Organismus bilden.
    • Jedes Kulturelement sagt dabei etwas über das große Ganze aus.
    • Frobenius war demzufolge bestrebt, möglichst viele Kulturelemente zu Sammeln und zu dokumentieren, was Auswirkungen auf sein methodisches Vorgehen (siehe Methode) hatte.
  • Die Kultur ist Überbau des menschlichen Lebens
  • Sie ist das Subjekt, das das Objekt „Mensch" „durchlebt" und bestimmt", nicht andersherum
  • Kultur hat demzufolge auch ein menschenähnliches Leben, dieses ist unterteilt in drei Phasen: Jugend, Blüte, Alter
    • Die Unterteilung in drei Phasen erinnert an die Dreistufenmodelle des Evolutionismus, jedoch ist Frobenius Modell eher periodisch (Kulturen werden geboren und sterben) als unilinear
  • Das Wesen oder die Seele der Kultur nennt er „Paideuma" und stellt dieses Konzept als dritte Dimension neben die belebte und die unbelebte Natur. Das Paideuma wirkt in unterschiedlicher Weise auf die Menschen ein, je nachdem, in welchem Stadium es sich befindet --sprich: Wie alt es ist.

Kritik

Wirkung

  • Es gibt ein Frobenius Institut (ursprünglich Institut für Kulturmorphologie in Frankfurt am Main)
  • Adolf Ellegard Jensen ist ein Schüler von Leo Frobenius.
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