Jäger-Sammler-Gesellschaften bewohnen keine permanenten Aufenthaltsorte, sondern leben in kleinen Camps auf einem relativ großen Territorium, in dem sie sich unabhängig bewegen können. Die soziale Ordnung ändert sich ständig - der Einzelne kann sich jeden Tag aufs Neue entscheiden, zu welcher Gruppe er gehören möchte. Starre Grenzen oder Monopole gibt es nicht, die Menschen kommen und gehen. Das Umherziehen wird von ihnen nicht als notwendig betrachtet, sondern als gesund. Es gibt keine weitere Arbeitsteilung oder soziale Ausdifferenzierung, von der geschlechtlichen einmal abgesehen. Entsteht ein Konflikt innerhalb eines Camps, so gibt es zwei Möglichkeiten: entweder zieht ein Individuum weg oder es kommt zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung. Stirbt ein Mensch durch die Hand eines anderen ohne handfesten Grund, so gibt es keine klaren Konsequenzen, da keine juristischen Normen oder Gesetze existieren. Alle Männer sind bewaffnet, denn es gibt kein Gewaltmonopol, keine Autoritätsperson oder -instanz und keine zentrale Institution. Treffen die Mitglieder auf staatlich organisierte Gesellschaften, so verschwinden sie einfach.

Es existiert eine wenig institutionalisierte Religion, da durch die Nivellierung der Arbeitsteilung religiöse Würdenträger und Ämter nicht möglich sind. Schamanen kann es geben, sie genießen aber keinen höheren Status und sind wie alle anderen bei der Nahrungssuche beteiligt. Ebenso wenig institutionalisiert ist die Heirat. Es gibt keine festen Rituale - Bindungen können ebenso schnell wieder gelöst werden, wie sie eingegangen wurden. Darüber hinaus gibt es keinen sorgenden Familienvater und auch keine geregelten Essenszeiten. Die Selbständigkeit der Kinder ergibt sich einfach durch Nachahmung.

Wirtschaftsweise

Jäger-Sammler-Gesellschaften sind vor allem dadurch gekennzeichnet, dass die Subsistenz durch wilde Naturprodukte gesichert wird. Der Wirtschaftsertrag wird sofort verzehrt. Produktion, Zirkulation, Distribution und Konsumption sind nicht zu trennen. Man spricht hier von immediate return. Es existieren keine Interdependenzen, da alle Individuen über den direkten Zugang zu Ressourcen verfügen. Einen ähnlichen Begriff von Eigentum, wie wir ihn kennen, gibt es hier nicht. Statt Privateigentum und Exklusivität meint er eher einen Ausdruck der Identifikation und sozialen Zugehörigkeit. Als Eigentum gelten Schmuckstücke und Kleidung, nicht aber Subsistenzressourcen.

Distribution und Konsumption laufen hier nach dem Prinzip Sharing und Pooling ab. Sharing meint das ständige Aufteilen der vorhandenen Ressourcen, bei dem sich die Mitglieder der Gemeinschaft als zusammengehörig repräsentieren. Ist ein Jäger bei der Jagd besonders geschickt und fängt das größte Tier, so darf er damit nicht angeben. Der Jäger wird anonymisiert und erhält keinerlei Anerkennung. Es geht eben nicht um die Errungenschaft des Einzelnen – dies würde Differenzierung schaffen - sondern um die soziale Kontrolle. Das Fleisch wird nun auf die Jäger aufgeteilt und das Anrecht auf die Anteile ist unabhängig der eigenen Beiträge. Pooling wiederum beschreibt die Zusammenlegung und den gemeinsamen Verzehr aller oder spezifischer Ressourcen. Die Akkumulation von Erträgen ist unmöglich. An der Jagd kann jeder teilnehmen, er ist aber nicht dazu verpflichtet. Die Organisation der Jagd wird erst kurz vor der Unternehmung geplant.

Nach Sahlins haben die Jäger-und-Sammler-Kulturen klare Bedürfnisse und Ansprüche, sie verfügen aber auch über genaues Wissen über die Möglichkeiten eben jene Ansprüche zu befriedigen.

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