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Aus sozial- und kulturanthropologischer Perspektive meint der Begriff des Narrativs jegliche sprachliche (mündliche oder schriftliche) Äußerung. Ob Alltagsbericht oder Dichtung: ein Narrativ transportiert stets sowohl Inhalt als auch Subtext und ist von einem der lokalen Akteure verfasst. Es überführt Erlebtes in bekannte Kategorien (ohne die es nicht verständlich wäre) und einen sinnhaften Kontext, wählt Elemente aus und lässt andere weg, kurz: es interpretiert auf kulturspezifische Art und Weise und offenbart auf diesem Weg die Prämissen der gesellschaftlichen Logik.

Narrative können somit erstens Aufschluss über die kollektiv geteilten Werte, Normen und Vorstellungen geben. Zweitens können sie als Inidzien für die grundlegenden Strukturen und Klassifikationen dienen, denen das Denken der Menschen am Ort folgt (bspw. kausale oder chronologische Ordnung). Es geht weniger um die Frage, was geschieht, sondern vielmehr darum in welche Sinnstrukturen es gegossen wird, um es zu verstehen.

Geschichte und Narration existieren für uns also nur vermittelt durch die Erzählung. Umgekehrt aber ist der narrative Diskurs oder die Erzählung nur das, was sie ist, sofern sie eine Geschichte enthält, da sie sonst nicht narrativ wäre [...], und insofern eben von jemandem erzählt wird, denn sonst wäre sie (wie etwa eine Sammlung archäologischer Dokumente) überhaupt kein Diskurs. Narrativ ist die Erzählung durch den Bezug auf die Geschichte, und ein Diskurs ist sie durch den Bezug auf die Narration. Die Analyse des narrativen Diskurses ist für uns also im Wesentlichen die Untersuchung der Beziehungen zwischen Erzählung und Geschichte, zwischen Erzählung und Narration sowie [...] zwischen Geschichte und Narration.

 aus: Genette, Gérard (2010): Die Erzählung. 3. durchges. und korrigierte Aufl. Wilhelm Fink Verlag. Berlin. S. 13

Narrative I. und II. Ordnung

Narrative I. Ordnung konstituieren Identität von Individuen (z.B. Biographien/Erinnerungen), Narrative II. Ordnung Identität von Entitäten (z.B. Mythen). Sie hängen eng zusammen, da sich die individuellen an den kollektiven ausricheten und in diese eingebettet sind.

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