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Allgemeines

Populärheilige sind religiös Verehrte, die nicht durch die katholische Kirche heilig gesprochen wurden. Ihre Erscheinung ist anthropomorph und sie sind anders als Götter keine perfekten und allwissenden Wesen, sondern vielmehr mit menschlichen Eigenschaften ausgestattet und fehlbar. Ihre Handlungen sind wie die der Menschen unvorhersehbar. Sie werden als Teil der Familie wahrgenommen und spiegeln die sozialen und politischen Kontexte und Verhältnisse in einer Gesellschaft wider. Darstellungen von Populärheiligen in der Öffentlichkeit tragen zu deren Sakralisierung bei.

Zu Beginn des Christentums waren Heilige Menschen, die vom Römertum verfolgt wurden. Heiligenkulte waren spontan und persönlich. Ab dem 10. Jahrhundert versuchte der Papst das Heiligtum komplett zu institutionalisieren, was ihm jedoch nicht gelang. Populärheilige werden eben durch das Volk heilig gesprochen und nicht durch die Kirche.

Populärheilige in Mexiko

Populärheilige in Mexiko und den angrenzenden Staaten der USA sind beispielsweise Juan Soldado, Santa Nino de Atocha und die Santa Muerte. Die Anhänger dieser Heiligen sehen sich als Katholiken und nicht als Blasphemiker. Sie sind vornehmlich Pendler zwischen den USA und Mexiko, stammen darüber hinaus aber aus allen Schichten und Berufsgruppen.

Die Populärheiligen in Mexiko sind synkretisiert, das heißt lokale Heiligenfiguren und indigene Vorstellungen wurden in den christlichen Glauben integriert. Es entstand also ein polytheistischer Katholizismus, der ein großes Heiligenpantheon entwickelte und sich in dem Stellenwert verschiedener tradierter Aspekte der katholischen Glaubenslehre unterschied. Dies und der individuelle, nicht institutionalisierte Charakter des Populärheiligenkultes führten zu einem Konflikt mit der katholischen Kirche.

Die Santa Muerte tritt in Form eines Skeletts mit Sense und in ein weißes Kleid gehüllt auf. Sie ist wahrscheinlich aztekischen Ursprungs und seit dem Jahr 2000 weit verbreitet. Neben Mexiko wird sie auch in Kuba und den USA verehrt. Es gibt massenhafte Pilgerschaften zu ihrem Schrein nach Mexiko-Stadt; sie wird um Liebe, Schutz, Erfolg und Gesundheit gebeten. Die Anhänger stammten früher aus dem ländlichen Raum, kommen heute aber eher aus den Städten und gehören nicht nur Gruppen sozial niederen Standes an. Die Pilger verehren den guten Tod, der im Leben allgegenwärtig ist. Aufgrund der Anbetung des Todes entstanden Spannungen zwischen dem Kult um die Santa Muerte und dem Staat. In den Medien versuchte man die Santa Muerte zu diskreditieren und zu kriminalisieren. Der Katholizismus war dem Kult der Saint Death gegenüber feindlich eingestellt, da es sich hier um die Verehrung einer Konkurrenzgottheit handelte. Außerdem steht die Santa Muerte für die Verehrung des Todes. Der Kult um die Santa Muerte hätte keinen legitimen Charakter und wurde vom Staat verboten, was wohl vor allem daran liegt, dass Populärheilige die sozialen und politischen Umstände im Land widerspiegeln. Der Saint-Death-Kult symbolisiert also den Zustand, der in der Gesellschaft vorherrscht: Bandenkriege, Drogen und Unzufriedenheit.

Die Anhänger der Santa Muerte wurden als Sekte bezeichnet und vom Staat ab 2002 stark verurteilt. Die transnationalisierte Kirche Iglesia Católica Tradicional Mexiko-USA wurde im Mai 2005 der kirchliche Status aberkannt, da er gegen katholische Statute spreche und die mexikanische Regierung als Spiegel der Gesellschaft durch die Allgegenwärtigkeit des Todes angreife.

Der heilige Tag der Santa Muerte ist Maria Himmelfahrt, was einen weiteren Konflikt beinhaltet. Trotz des Widerspruchs zu tradierten katholischen Konzepten war die Kirche der Santa Muerte bei vielen Anhängern sehr beliebt.

(weitere Populärheilige siehe: Migration und Populärheilige in Mexiko und den USA)

Populärheilige in Kuba

Der Dezember stellt für die Verehrer von Populärheiligen in Kuba einen herausragenden Monat dar. Am 17.12. beispielsweise ist der Tag des San Lazaro, des Schutzheiligen Kubas. So kommt es jedes Jahr im Dezember zu einer riesigen Pilgerschaft. (ca. hunderttausend Menschen) Einige wenige Pilger zu San Lazaro inszenieren das Leiden, indem sie beispielsweise durch die Straßen mit einem Stein an den Fuß gekettet kriechen. Diese Art der Pilgerschaft ist jedoch eher sensationell und nicht sehr verbreitet.

Die Virgen de la Caridad ist ein Nationalsymbol, vorrangig geprägt durch Veteranen der Befreiungskriege (um 1860). Sie war ein Symbol der Befreiung, während die Kubaner für ihre Unabhängigkeit kämpften. Das war später als in den meisten anderen spanischen Kolonien, die sich um 1810/12 unabhängig machten. Kuba hatte vom Kolonialsystem durchaus profitiert. Infolge der Unabhängigkeitskämpfe gelingt es Kuba zwar sich von den spanischen Kolonisten zu befreien, es wird aber gleichzeitig eine Quasi-Republik, ähnlich einer Kolonie der Vereinigten Staaten.

Vor der Castro-Revolution gab es in Kuba einen weitverbreiteten, jedoch zutiefst heterogenen Ethnokatholizismus. Kurz vor Ausbruch der Revolution wurde die Virgen de la Caridad von allen Seiten vereinnahmt und gedeutet, weshalb die Pilgerschaft nach Kuba höchst umstritten wurde. Auch während die Revolution noch anhielt war noch kein tiefer Konflikt zwischen Staat und Kirche abzusehen. Verschiedene katholische Institutionen wie die Hochzeit werden von den Revolutionären übernommen. Erst nach der Revolution entsteht ein starker Zwist.

Da wie eingangs erwähnt Populärheilige stets die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse widerspiegeln, empfand die kubanische Regierung die Verehrung eines Schutzheiligen als Kritik am System. Bis zu den 90er Jahren, in denen sich durch eine Wirtschaftskrise vieles auf Kuba veränderte, gab es einen Konflikt zwischen der kubanischen Führung und der katholischen Kirche. Die kommunistische Führung hatte lange Zeit versucht, die Bevölkerung zur Wissenschaft und weg von der Religion zu erziehen. So liest die Führung die Heiligenverehrung als eine Kritik an dem wissenschaftlichen Atheismus und aufgrund der speziellen Heilungsbitten an San Lazaro als eine Kritik an dem Gesundheitssystem Kubas. Vor der Castro-Revolution gab es in Kuba einen weitverbreiteten, jedoch zutiefst heterogenen Ethnokatholizismus.

Der Heiligenkult ist ähnlich wie in Mexiko auf der persönlichen Ebene. Seit den 90ern gibt es allerdings eine neue Sichtbarkeit der Religion im Alltag. Von Pilgerstätten abgesehen, finden sich die Populärheiligen auch auf Hauspartys im familiären Rahmen wieder. Hier verbinden sich moderne Massenerscheinungen wie Rock’n’Roll-Musik mit den tradierten Heiligenkulten.