Nach Shaw, Stewart in „Introduction: problematizing syncretism“

1. Allgemein

Wahrscheinlich aus dem Altgriechischen syn = mit und kasis = Mischung, kombiniert in synkrasis = „Zusammenmischung“

Der Begriff steht häufig negativ für die Infiltrierung einer angeblich puren Tradition durch Symbole und Bedeutungen, die als zu einer anderen Tradition zugehörig angesehen werden. Viele Wissenschaftler_innen verwenden daher lieber den Begriff „Kreolisierung“ (aus der Linguistik entlehnt, jedoch ebenfalls pejorativ vorbelastet). Eine optimistische Sichtweise hat sich aus der postmodernen Anthropologie entwickelt, in welcher synkretische Prozesse als grundlegend für Religion, Ritual und Kultur angesehen werden. Dennoch entstand in der zeitgenössischen Anthropologie die Kritik, dass die Nutzung des Wortes „Synkretismus“ bereits die Existenz einer „Reinheit“ oder „Authentizität“ als Gegensatz evoziere.

Wichtig ist jedoch bei dieser Kontroverse: Synkretismus ist kein festgelegter Begriff mit einer fixierten Bedeutung, sondern einer, der historisch konstituiert und rekonstituiert wurde. Synkretismus sollte daher, statt als eine Kategorie, als Prozesse religiöser Synthese wahrgenommen werden.

2. Geschichte

Der Begriff wurde vorwiegend, häufig in polemischer Weise, durch die Vergleichende Religionswissenschaft genutzt. Im 15. Jahrhundert setzte sich die Vorstellung durch, dass die Reinheit des Christentums Ausdruck seiner Stärke sei, indem es sich gegen äußere Einflüsse erwähre. Synkretismus als Prozess der Mischung religiöser Formen war damit negativ besetzt. Im 17. Jahrhundert rief George Calixtus zur Versöhnung aller protestantischen Konfessionen auf, was sich in einer „synkretischen Kontroverse“ entfachte. Hierbei gewann wiederum die kritische Sicht die Überhand. Im 19. Jahrhundert benutzten es Religionswissenschaftler_innen pejorativ in Bezug auf das religiöse Leben der römischen und hellenistischen Welt, wobei Synkretismus (in Form von Aneignung) als assimilative Waffe des Feindes galt. Viele Religionswissenschaftler_innen halten den Begriff für so vorbelastet, dass sie ihn nicht länger verwenden wollen.

In der Anthropologie kam dem Begriff eine affirmativere Bedeutung zu, die vor allem in der amerikanischen „melting-pot“ Ideologie gründet. Der Synkretismus steht hier für das Überleben verschiedener kultureller Bedeutungen und Identitäten in einer gemeinsamen Kultur, hat jedoch noch den recht fragwürdigen Anklang einer mechanischen Mischung.

3. <Religion> und <Kultur>

Obwohl der Begriff in erster Linie für die Kategorie <Religion> dienen soll, basiert diese auf einer westlichen Konstruktion, die für andere kulturelle oder historische Kontexte irrelevant werden kann. Wo religiöse Einhaltung nicht zu trennen ist von anderen sozialen Praktiken, kann auch nur schwer zwischen Synkretismus und anderen Arten kultureller Mischung und Hybridisierung unterschieden werden. Die Durchlässigkeit von Grenzen in Bezug auf Religion oder Kultur sollte daher eher Teil der Synkretismus-Thematik werden statt ein Hindernis seiner Erforschung.

Häufig herrscht eine gewisse Unklarheit, ob es sich bei einer bestimmten Religion lediglich um eine „kulturelle Interpretation“ einer anderen Religion handelt oder ob von Synkretismus gesprochen werden kann. Beispielsweise die katholische Kirche hat oft große Schwierigkeiten eine „anständige Inkulturation“ von einem „illigitimenen Synkretismus“ auseinander zu halten und streitet letzteren in vielen Fällen ab, da solch eine Synthese den Verlust der Wahrheit der Christlichen Botschaft bedeuten würde. 

4. Synkretismus und Macht

Synkretismus war mit hoher Wahrscheinlichkeit schon immer Teil der Aushandlung von Identitäten und Hegemonien in Situationen der Besetzung, des Handels, der Migration oder religiöser Verbreitung.

Er kann auch eine Form des Widerstandes sein, indem hegemoniale Praktiken niemals ganz aufgenommen, sondern in einer Art Transformation verkörpert werden, welche sie umwandelt in eigene Bedeutungen und Vorhaben. Ebenso kann Synkretismus aber auch in Form von Aneignung "von Oben" angeordnet werden.

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2 Kommentare

  1. Anonym sagt:

    Der Begriff Synkretismus steht im Gegensatz zu etwas "Reinem"; heute sind jedoch alle Religionen Synkretismen.

    Das Konzept der Reinheit hängt mit "Anti-Synkretismus" zusammen; dieser steht häufig im Zusammenhang mit Machtansprüchen

    oder Abgrenzungsstrategien.

  2. Anonym sagt:

    Hallo,

    bei der Synkretismusdefnition vermischen sich nicht (unbedingt) die Akteure, sondern deren Ideen und Glaubensvorstellungen.:-)))