Zusammenfassung von Birgit Meyer: Die Erotik des Bösen

 

Birgit Meyer verfasste im Rahmen eines viermonatigen Forschungsprojektes in Accra im Herbst 1996 einen Aufsatz über die verschiedenen Darstellungen Mami Waters in Gebetsgottesdiensten, Bildern, Radiosendungen und Filmen, sowie den Unterschieden zwischen Mami Water Kulten und den christlichen Vorstellungen einer Dämonin.

Mami Wata wird als Inbegriff ungezügelten Konsums begehrter Güter und körperlicher Genüsse beschrieben. Freunde von Meyer beschreiben sie als gefallener Engel, die zusammen mit Luzifer aus dem Paradies vertrieben wurde. Auch viele andere Darstellungen beziehen sich direkt auf christliche Sichtweisen, wie die Parallelen zu Eva als Inbegriff weiblicher Verführungskunst oder als real existierender Dämon im Gegensatz zum christlichen Gott.

Ursprünglich wurde Mami Water vor allem von Frauen aufgerufen, die sie um ein Kind oder Geld gebeten haben. Erst in den 80er Jahren entstand der starke Fokus auf Konsumgüter. Meyer sieht hier einen klaren Zusammenhang zum „Structural Adjustment Program“ der IWF, wodurch jede Menge Konsumwaren nach Ghana importiert wurden. Die Kaufkraft der Menschen war allerdings zu schwach, um sich diese leisten zu können und die westlichen Güter wurden zu Objekten des Begehrens.

In der pfingstlerisch-charismatischen Vorstellung erscheint Mami Wata meistens als fremde, weiß häutige, attraktiv geschminkte Frau in teuren Kleidern und einer starken erotischen Ausstrahlung. Sie versucht ihre Opfer mit Reichtum und sexuelle Reizen zu verführen, um von ihnen Besitz zu ergreifen und missbrauchen. Eine Beziehung zu ihr findet nur auf der Traumebene statt und bedingt eine Entfremdung von Gott. Denn das Gebet sei die einzige Möglichkeit, um eine Besessenheit durch Mami Water zu heilen.

Im Unterschied zur christlichen Dämonisierung Mami Watas und ihrer damit einhergehenden Unkontrollierbarkeit versuchen die Pfingstkirchen diese populären Vorstellungen in ihre Predigten zu inkorporieren. Sie bilden eine Plattform für Mami Wata-Vorstellungen und entwickeln Rituale, um der Besessenheit entgegen zu wirken. Die Pfingstkirchen versuchen das Böse zu bändigen, indem sie ihm einen Platz schaffen. Geschichten über Mami Wata werden in Form von Predigten über das Radio oder in Nigeria häufig auch in populären Videofilmen verbreitet, deren Ziel es ist, im Betrachter Furcht vor bösen Kräften zu wecken und ihn seine Zuflucht bi Gott nehmen zu lassen. Aufgrund der ziemlich platten Dualismen wurde auf Seiten des Filmestablishments ziemlich viel Kritik an solchen Low-Budget-Filmen ausgeübt. Sie genießen allerdings großen Erfolg bei den Leuten in den Vororten, an deren Ängste die Filme direkt anknüpfen und die sich damit stark identifizieren können. Am Ende siegt Jesus durch die Macht des Gebets über Mami Wata, welche von einem „wiedergeborenen“ Christen als Handlangerin des Teufels demaskiert wird. Die Botschaft ist klar: der christliche Gott ist stärker als Mami Wata. Diese populären Darstellungen machen es möglich, „Leidenschaften und Ängste zu konfrontieren, die im täglichen Leben nur schwerlich auf eine moralisch, sozial und politisch akzeptable Weise ausgedrückt werden können(S.206).“

Der Unterschied zu den Mami Wata-Kulten besteht dadurch, das diese einen vom Alltag abgeschlossener Bereich schaffen, in dem sich die Mami Water- Geister ausdrücken können und sich zuhause fühlen. Dadurch wird die Besessenheit begrenzt auf die Altäre und durch den Rahmen des Rituals.

Doch Meyer argumentiert, dass die europäischen Objekte schon längs nicht mehr als fremd gelten. Durch die Geschichten wurde der Begrenzte Bereich des Rituals allerdings trotzdem überschritten und greift aus dem begrenzten Bereich des Kultes in den Alltag über. Trotz gegenteiliger Behauptungen der „wiedergeborenen“ Pastoren gilt Mami Water für Meyer als unkontrollierbar.

Grob kann über Mami Water gesagt werden, das sie ein Sinnbild für die Gesetze und Funktionsweise des modernen Kapitalismus darstellt, welcher durch den Genuss exzessiven Reichtums unschuldige Personen unmoralisch ausbeutet und zerstört. Durch die Inkorporation dieser Vorstellungen in die pfingstlerisch-charismatischen Konzepte wird nicht nur deren Popularität verstärkt, sondern auch die bemerkenswerte Anziehungskraft von Mami Water.

 

Zusammenfassung von V. Gmuer

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