Bei der Psittacine beak and feather disease (PBFD) handelt es sich um eine Schnabel- und Federkrankheit bei Zier- und Wildvögel, die durch das Beak and Feather disease virus (BFDV) verursacht wird.


  • Allgemein: durch das Circovirus hervorgerufene Schnabel- und Federkrankheit
  • Ätiologie: sehr kleines, einzelsträngiges, unbehülltes DNA-Virus
  • Epidemiologie/Infektion: weltweites, häufiges Vorkommen; durch horizontale Übertragung v.a. im Nestlingsalter 
  • Pathogenese: oronasale Aufnahme, Virämie - Besiedelung der Immunorgane, Federfollikel, Haut, Schleimhaut, Speiseröhre und des Kropfes - Entzündungen und Nekrosen- Immunsuppression
  • Klinik: Ausfallen der Federn, gestörtes Ferderwachstum, Schnabel- und Krallenveränderungen; Apathie, Pneumonien, Durchfall, Tod
  • Diagnose: Klinisches Bild, PCR anhand frisch entnommener Deckfedern, Blut und Hautbiopsien; falsch negative Befunde möglich
  • Differentialdiagnose: Polyomaviren, nicht-infektiöse Ursachen, Nährstoffmangel, starker Ektoparasitenbefall
  • Therapie: : keine (Vakzine verfügbar, aber in Deutschland nicht zugelassen), begleitende Maßnahmen
  • Prophylaxe: Isolation vom Bestand, Hygiene, Stärkung des Immunsystems, Ankaufsuntersuchung
  • Prognose: vorsichtig bis schlecht, abhängig vom Allgemeinzustand des Tieres und z.T.  von der Spezies


Inhaltsverzeichnis

Ätiologie

  • Circoviren aus der Familie der Circoviridae
  • sehr kleine Viren, Durchmesser: 12-16 nm
  • unbehüllt
  • ikosaedrischer Aufbau
  • einzelsträngiges, zirkuläres Genom
  • Replikationsort: im Kern
  • durch Mutationen hohe genetische Vielfalt
  • hohe Tenazität (resistent gegen viele Desinfektionsmittel, Virus bleibt Monate bis Jahre außerhalb des Wirtes infektiös)

Epidemiologie

  • sowohl bei wild lebenden Papageien, als auch bei in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln
  • weltweites, häufiges Vorkommen (Ursprung wahrscheinlich in Australien)
  • Circovieren haben ein sehr weites Wirksspektrum, aber nur Papageienvögel erkranken am PBFD Virus (> 50 Papageienspezies sind dokumentiert)
  • Infektion über horizontale (direkt und indirekt) Übertragung: Inhalation/ orale Aufnahme von Federstaub, Kot, Kopfsekret oder durch den Kontakt zwischen den Tieren und dem Pfleger
  • Seroprävalenz bei einigen australischen Wildtierpopulationen bis zu 100 % (nur 20 % zeigen klinische Veränderungen)

Pathogenese

Der Erreger wird aerogen per Tröpfcheninfektion oder oral über Schmierinfektionen übertragen. Auch eine indirekte vektorielle Übertragung ist möglich. Von Bedeutung sind hierbei die Infektion durch kontaminiertes Haltungsmobiliar, Handschuhe, Fressnäpfe und den Tierhalter. Da dieses sehr kleine Virus eine hohe Tenazität aufweist, überlebt es mehrere Monate bis Jahre in der Umwelt. Es wird mit dem Federstaub, Kot und Kropfsekret ausgeschieden. Eine vertikale Übertragung ist wahrscheinlich über infizierte Eierschalen möglich.

Nachdem das Virus oronasal aufgenommen wird, kommt es zur Virämie. Haben sich die Viren über die Blutbahn ausgebreitet, besiedelt sie die Immunorgane (Thymus, Bursa fabricii), sowie die Federfollikel, Haut, Schleimhaut, Speiseröhre und den Kropf. In diesen Organen kommt es zur lytischen Vermehrung, gefolgt von Entzündungen und Nekrosen der infizierten Zellen. Somit sind Schädigungen des Federkleides und wichtiger Immunzellen mit massiver Immunsuppression die Folgen.

Die Inkubationszeit ist abhängig vom Beginn der Mauser. Bei älteren Tieren kann sie mehrere Monate bis Jahre betragen. Bei Nestlingen dauert sie in der Regel aber nur 3-4 Wochen. Diese sind zudem anfälliger für schwere klinische Symptome.

Klinik

Abhängig vom Alter der Vögel und der Symptomatik unterscheidet man vier Verlaufsformen der PBFD.

Peraktuer Verlauf:

Hierbei sind vor allem Neonaten betroffen. Die Infektion äußert sich in Apathie, Pneumonien, Durchfall sowie Kachexie und plötzlich auftretenden Todesfällen.

Akuter Verlauf:

Dieser Verlauf tritt bei Jungtieren um den 30. Lebenstags auf. Während dieser Zeit befinden sich die Vögel im Federwachstum. Auch hier äußert sich eine Circovirusinfektion durch Apathie, Durchfall und einem raschen Tod, sodass es kaum noch zu Federveränderungen kommt.

Chronischer Verlauf

Von dieser klassischen Form, die sich in dem Leitsymptom der Federveränderung äußert, sind ältere Vögel betroffen. Auch andere hornbildende Organe können verändert sein, sodass Schnabeldeformationen und Krallenveränderungen beschrieben werden.  Auffällig ist der oft protrahierte Verlauf. Aufgrund der Leukopnie und der damit einhergehenden Immunschwäche, erleiden die erkrankten Tiere oftmals Sekundärinfektionen und sterben innerhalb von 6 bis 24 Monaten.

Die klinischen Federveränderungen können von unterschiedlicher Ausprägung sein. Kommt es zur Schädigung der Federfollikel, fallen die Daunen- und Deckfedern aus. Auch das Abbrechen der Federn infolge ringförmiger Einschnürungen an den Federschäften ist möglich. Einzelne Deckfedern können zudem Verfärbungen aufweisen.

Klinisch inapparenter Verlauf

Auch in diesem Fall sind die adulten Vögel betroffen. Bei dieser häufig vorkommenden Form können asymptomatische adulte Tiere andere Individuen infizieren.

Diagnose

Es ist ratsam bei Federveränderungen unbekannter Pathogenese eine Circovirusinfektion in Betracht zu ziehen. Die Verdachtsdiagnose lässt sich anhand des typisch klinischen Bildes stellen. Zur genauen Feststellung einer Circovirusinfektion wird die Viren-DNA mittels PCR in frisch entnommenen Deckfedern nachgewiesen. Dennoch sind besonders bei akuten Infektionen falsch negative Befunde möglich. Daher können zur Abklärung als Probenmaterial auch Blut und Hautbiopsien dienen. Histologisch können basophile intranukleäre Einschlußkörperchen in den Keratinozyten der Federn nachgewiesen werden.

Differentialdiagnose

infektiös:

  • Viren (Polyomaviren)
  • Bakterien oder Pilze (bakterielle oder mykotische Follikulitis)
  • Parasitose

nicht infektiös:

  • Automutilation (z.B. durch Verhaltensstörung)
  • Fütterung (Nährstoffmangel von Aminosäuren wie z.B. Lysin, Methionin, Arginin und Threonin; Vitamine A, B, E und H sowie Spuren- und Mengenelemente wie Zink, Selen, Kalzium, Eisen und Kupfer)
  • mechanische Schäden des Gefieders durch Technopathien (zu kleine Käfige, Überbesatz u.a.)
  • Trauma
  • Veränderungen im Hormonhaushalt (Hypothyreose bzw. Hyperöstrogenismus, Mangel an Progesteron)

Therapie

Es gibt, wie bei den meisten viralen Erkrankungen, keine die Ursache bekämpfende Therapie. 

Die symptomatische Therapie beinhaltet die Stärkung des Immunsystems mit Vitamin A und Probiotika, um der Vermehrung der Viren in den Immunorganen sowie der Immundepression entgegenzuwirken. Auf die Hygiene sollte bei der Haltung ebenso ein besonderer Wert gelegt werden, um Sekundärinfektionen zu vermeiden. Im Falle von auftretenden Sekundärinfektionen erfolgt eine Behandlung dieser. Schnabel-und Krallenfehlstellungen werden, soweit möglich, korrigiert. Auch eine Euthanasie bei rezidivierenden Schnabelabbrüchen oder austherapierten Sekundärinfektionen ist nicht auszuschliessen.

Prophylaxe

Um einer horizontalen Übertragung entgegenzuwirken, sind positiv getestete Vögel sofort zu separieren. Weiterhin ist eine penible Hygiene notwendig. Da die Übertragung via Federstaub und Kot, aber auch über den Besitzer erfolgen kann, ist eine regelmäßige und gründliche Reinigung und Desinfektion unabdingbar. Dabei sollte neben den Einrichtungsgegenständen sowie eventuellen Käfigbestandteilen auch die Kleidung der Besitzer bzw. Pfleger nicht vergessen werden. Bei der Desinfektion ist zu beachten, dass es sich um unbehüllte Viren handelt und ein wirksames Präparat gewählt werden muss. Hier eignen sich Mittel auf Glutaraldehyd-Basis.

Besonders bei Zukäufen sollte eine gründliche Ankaufsuntersuchung durchgeführt werden. Diese sollte einen Test auf Circoviren beinhalten. Vor dem Vorliegen eines Ergebnisses sollte jeder Neuzugang zunächst in Quaratäne gehalten werden. Bei einem positiven Testergebnis ohne Symptomatik kann nach einer 90-tägigen Quaratäne ein erneuter Test durchgeführt werden, um eine eventuelle Verunreinigung der Probe oder eine überstandene Infektion auszuschliessen.

In Europa ist noch kein Vakzin gegen PBFD zugelassen.

Prognose

Die Prognose bei der PBFD ist mäßig bis schlecht. Sie ist abhängig vom Allgemeinzustand des Einzelvogels und dessen vorrangigen Symptome, sowie der betroffenen Spezies. Einige Arten zeigen eine gute Antikörper-Antwort auf das Virus (bspw. Edelpapageien), die die Virusausscheidung unterbinden kann und den Vögeln ein symptomfreies Leben ermöglicht. Bei Federveränderungen als Hauptsymptom kann der Vogel noch einige Jahre bei guter Hygiene überleben. Sollte der Schnabel stark betroffen sein und es wiederkehrend zu Abbrüchen kommen, die die Nahrungsaufnahme massiv eingeschränken, sollte eine Euthanasie in Betracht gezogen werden. Eine Zwangsernährung ist auf Dauer nicht möglich. Bei einer starken Immundepression ist ein Versterben des Vogels aufgrund von diverser Sekundärinfektionen wahrscheinlich.

Literatur/Weblinks

  • Moritz A: Klinische Labordiagnostik in der Tiermedizin: 7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Schattauer GmbH; 2013

  • Pees M: Leitsymptome bei Papageien und Sittichen: 2. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2010

  • Raue R, Johne R, Krautwald-Junghanns M-E, Müller H.: Circovirus-Infektion bei Ziervögeln und Tauben: eine Übersicht. Tierärztl Prax 2003; 31 (K): 251- 256

  • Selbitz H, Truyen U, Valentin-Weigand P: Tiermedizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre: 10., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag; 2015