Coryza contagiosa gallinarum besser bekannt als der ansteckende Hühnerschnupfen wird durch den Erreger Avibacterium paragallinarum verursacht. Hierbei handelt es sich um eine hochansteckende, akute Infektionskrankheit, die vor allem die Atmungsorgane der Hühner befällt. Durch Beteiligung anderer Erreger kann es zu einer chronischen Atemwegserkrankung kommen. Die infektiöse Erkrankung ist weltweit verbreitet, wobei in Deutschland überwiegend die Serovare A und B vorkommen. Aufzufinden ist die Erkrankung vor allem in kleinen Hühnerbeständen oder Betrieben mit verschiedenen Altersgruppen.


  • Allgemein: Coryza contagiosa gallinarum, der ansteckende Hühnerschnupfen der durch das Avibacterium paragallinarum verursacht wird, ruft vor allem eine Atemwegserkrankung beim Geflügel auf.
  • Ätiologie: Das A. paragallinarum als gramnegatives Stäbchenbakterium weist unterschiedliche Serogruppen und Serovare auf.
  • Epidemiologie/Infektion: Die horizontale Übertragung der Erkrankung befällt vor allem das Huhn.
  • Pathogenese: katarrhalische Entzündung des Sinus infraorbitalis mit subkutanem Ödem des gesamten Kopfbereiches inklusiv Kehllappen- und Luftsackentzündung
  • Klinik: Symptome beim Einzeltier sind seriöser bis mukoider Nasenausfluss, Konjunktivitis und der "Eulenkopf". Bei Betrachtung der Herde fällt Mattigkeit, reduzierte Futter- und Wasseraufnahme, grünlich-dünnflüssiger Kot und eine reduzierte Leistung auf.
  • Diagnose: Der Erregernachweis kann direkt (Blutagar mit Ammenphänomen oder komplexer Nährböden und Identifizierung über Katalasenachweis oder Kohlenhydratfermentation) oder indirekt (ELISA oder HAH-Test) erfolgen.
  • Differentialdiagnose: chronische Geflügelcholera, Geflügelpocken, Ornithobakteriose, Vitamin A – Avitaminose
  • Therapie: Eine Therapie ist mit diversen Antibiotika (Betalaktame, Gyrasehemmer, Tetrazykline,...) möglich.
  • Prophylaxe: Besonders wirksam sind Hygienemaßnahmen.
  • Prognose: Bei mildem Verlauf und ohne Beteiligung weiterer Erreger ist die Prognose als günstig anzusehen.


Inhaltsverzeichnis

Ätiologie

Die Gattung Avibacterium (A.) geht aus der früheren Gattung Haemophilus (H.) hervor, welche die Arten Haemophilus (H.) paragallinarum, H. gallinarum, Pasteurella (P.) avium und P. valantium beinhaltet. Die neue Gattung Avibacterium gliedert sich in die Arten A. paragallinarum, A. gallinarum, A. avium und A. volantium.

Die Morphologie des A. paragallinarum weist vor allem gramnegative, gekapselte, unmotile Stäbchen mit der Größe von 0,4-0,6 μm x 1-3 μm auf. Unterschieden wird zwischen der typischen und am meisten aufzufindende Variante, die zum Wachstum den V-Faktor benötigt. Eine weitere Variante, die jedoch eher in Südafrika, Mexiko und Peru lokalisiert ist wächst ohne NAD-Faktor. Die Anzüchtung beider Varianten findet mikroaerob bei 37°C auf Blutagar statt. Serologisch unterscheidet man zwischen zwei Serogruppen (A, B und C) und neun verschiedenen Serovare. Die Virulenz der einzelnen Stämme ist unterschiedlich jedoch spielt das Kapsel-Antigen und das hämagglutinierende Antigen dabei eine entscheidende Rolle. Hervorzuheben ist die geringe Tenazität. Das Bakterium vermehrt sich nicht im Stallmilieu und überlebt im Exsudat und Gewebe bei 37°C bis zu 48 Stunden und bei 15°C bis zu 3 Tage.

Epidemiologie

Der Hauptwirt der Coryzaerkrankung ist das Huhn. Eine Infektion bei Puten und Perlhühner, die auf dem Feld leben, ist zwar beschrieben, aber nicht ausgiebig. Infektionsquellen sind vor allem chronisch erkrankte Tiere oder nach Ausheilung Ausscheider des Erregers. Die Ausscheidung erfolgt über das infektiöse Exsudat über Lidspalte, Nasen- und Schnabelöffnung. Es handelt sich um eine horizontale Übertragung, die hauptsächlich über den direkten Kontakt mit kontaminiertem Wasser stattfindet. Die Ausbreitung kommt häufig in Boden- und Auslaufhaltungen oder Käfighaltungen mit Rinnentränke vor. Auch wenn die Mortalität gering ist, kann die Morbidität bis zu 90% betreffen.

Pathogenese

Die Bakterien haben einen Tropismus zu den zilientragenden Epithelzellen der Atemwegsschleimhaut. Bei einem normalem Verlauf ist hauptsächlich der obere Respirationstrakt betroffen. Es kommt zu einer katarrhalischen Entzündung des Sinus infraorbitalis mit subkutanem Ödem des gesamten Kopfbereiches inklusiv Kehllappen- und Luftsackentzündung. Bei schwerem Verlauf, zum Beispiel bei Sekundär- oder Doppelinfektion mit Erregern wie Mykoplasmen und E. Coli, kann es zu schwerwiegenden Krankheitsprozessen kommen. Hier sind auch der untere Respirationstrakt und weitere Organsysteme mitbetroffen.

Klinik

Die Krankheitsdauer ist von der Virulenz des Erregers abhängig. Bei schwachvirulenten Erregern beträgt die Dauer 7-10 Tage und bei hochvirulenten Erregern sind es 14-21 Tage.

Bei der Einzeltierdiagnostik sind die Symptome von einer akuten Entzündung des oberen Respirationstrakts einschließlich der Nasen- und Nasennebenhöhle geprägt. Dazu zählt der seröse bis mucoide Nasenausfluss, die Konjunktivitis und der sogenannte Eulenkopf. Als Eulenkopf bezeichnet man entzündliche Ödeme im Infraorbitalsinusbereich. Weitere Symptome wären Niesen, Schnabelatmung, Schleuderbewegung des Kopfes, teilweise Atemgeräusche und mit Exsudat verschmutztem Gefieder.

Entwickelt sich ein protrahiert-chronischer Verlauf bildet sich eine Panopthalmie (wattle disease). Bei einer Sekundärinfektion mit E. Coli kommt es zum sogenannten swollen head syndrome.

In der Herdendiagnostik ist in der akuten Phase Mattigkeit, reduzierte Futter- und Wasseraufnahme, grünlich-dünnflüssiger Kot, mangelhafte Gewichtszunahme bei Mastküken oder eine reduzierte Legeleistung zu beobachten. Ist die Legeleistung aber um mindestens 20% reduziert, ist dies ein Hinweis auf ein multifaktorielles Geschehen.

Bei einem akuten, monokausalen Verlauf ist eine katarrhalische bis fibrinöse Rhinitis, Konjunktivitis und Sinusitis bei allen erkrankten Tieren zu diagnostizieren. Bei Sekundärinfektionen sind auch Bronchopneumonie und fibrinöse Aerosacculitis möglich.

Bei einer histologischen Untersuchung sind der Verlust der Kinozilien und Mikrovilli, Zellödeme, vakuoläre und hydropische Degenerationen und Desquamation des Schleimhautepithels der oberen Atemwege charakteristisch.

Diagnose

Eine Verdachtsdiagnose kann auf Grund der klinischen Symptomatik auf Herdenebene gestellt werden, muss aber durch Erregernachweis bestätigt werden.

Ein direkter Nachweis von Tupfer- oder Organproben auf Blutagar ist möglich. Zusätzlich wird die Platte mit einem NAD-produzierenden Staphylococcus epidermidis oder S. hyicus beimpft, um ein Ammenphänomen zu bewirken. Verwendet man komplexe Nährböden wie Brain-Heart-Infusion Agar ist ein Ammenkeim nicht notwendig.

Die Identifikation erfolgt mittels Katalasenachweis (A. paragallinarium ist negativ und A. gallinarum, A. avium und A. volantium sind positiv) und Kohlenhydratfermentation in biochemischen Testsystemen.

PCR-Systeme können die Anzucht ersetzen, wenn auf Resistenzmuster, autogene Impfstoffe oder epidemiologische Verlaufsuntersuchungen verzichtet werden kann.

Der Antikörper-Nachweis ist 14-21 Tage p.i. mittels eines kompetitiven ELISA und Hämagglutinationshemmungstest möglich.

Differentialdiagnose

Mögliche Differentialdiagnosen sind: chronische Geflügelcholera, Geflügelpocken, Ornithobakteriose, Vitamin A – Avitaminose

Therapie

Mit verschiedenen Antibiotika ist eine erfolgreiche Therapie möglich. Geeignet sind zugelassene Vertreter der Betalaktame, Gyrasehemmer, Tetrazykline, Sulfonamide und Sulfonamid-Trimethoprim-Kombinationen sowie Makrolidantibiotika. Auf Resistenzentwicklungen ist zu achten. Bei einem komplikationslosen Verlauf in einem Legenhennenbetrieb wird ggf. von einer Behandlung abgeraten damit sich eine spezifische Immunität im Bestand entwickeln kann.

Prophylaxe

Besonders effektiv zeigen sich Hygienemaßnahmen. Mit Hilfe des Rein-Raus-Verfahren können Infektionsketten unterbrochen werden, sodass ein Verschleppen des Erregers verhindert wird. Nach gründlicher Reinigung und Desinfektion ist der Stall schon nach einer Woche wieder belegbar, da A. paragallinarum eine geringe Tenazität aufweist.

Des Weiteren ist in Deutschland ein Impfstoff zur Immunisierung mit inaktiviertem Vakzin zugelassen. Dieser wird zweimal im Abstand von mindestens 4 Wochen und spätestens 4-6 Wochen vor Legebeginn i.m. injiziert.

Prognose

Bei mildem Verlauf und ohne Beteiligung weiterer Erreger ist die Prognose als günstig anzusehen.

Literatur/Weblinks

  • Siegmann O., Neumann U. (2012): Kompendium der Geflügelkrankheiten, 7. überarbeitete Auflage, Hannover: Schlütersche Verlag, S.246-249            
  • Rautenschlein S., Ryll M. (2014): Erkrankungen des Nutzgeflügels, Stuttgart: Ulmer Verlag, S.145-146

  • Swayne D. (2020): Diseases of poultry, fourteenth edition, Hoboken, NJ: Wiley-Blackwell Verlag, S.890-896

  • Selbitz H., Truyen U., Valentin-Weigand P. (2015): Tiermedizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre, aktualisierte Auflage, Stuttgart: Enke Verlag, S.244

  • https://www.msd-tiergesundheit.de/produkte/nobilis-coryza/  abgerufen am 12.05.2021 um 12:21Uhr