Brachyspira hyodysenteriae ist der Erreger der Schweinedysenterie.


  • Ätiologie: Brachyspira hyodysenteriae, Spirochäten, wirtschaftliche Verluste, neun Serogruppen
  • Morphologie und Differenzierung: helikal gewundene, gram-negative Stäbchen, Anzucht anaerob auf Selektivmedien, Tenazität in Kot 48h
  • Virulenzfaktoren: Hämolysin, Lipooligosaccharide (LPO), Endoflagellen, Endotoxin, Adhärenz, NADH-Oxidase (NOX)
  • Epidemiologie: oral über Kot von latent infizierten Tieren
  • Pathogenese: orale Aufnahme, Vermehrung in Becherzellen Dickdarm, vermehrte Produktion von Mukus, Schleimhautnekrosen
  • Klinik: fibrinös-hämorrhagischer Durchfall, Kolitis
  • Diagnose: Patho, MiBi (Anzucht), Dunkelfeldmikroskopie, PCR, IFT
  • Differentialdiagnosen: Salmonellose, KSP, Colidiarrhö der Absatzferkel, Coronavirusinfektionen, Rotavirusinfektionen, intestinale Adenomatose, intestinale Spirochätose
  • Therapie: Pleuromutiline, Glykopeptid- AB, Lincosamide nach Antibiogramm (Resistenzen des Erregers)
  • Prophylaxe: hygienische Maßnahmen


Inhaltsverzeichnis

Ätiologie

Die Erkrankung wird ausgelöst durch das Bakterium Brachyspira hyodysenteriae, es gehört zu den Spirochäten. Diese führen zu einer der wichtigsten Darminfektionen der Schweine weltweit. Charakteristisch sind chronische Krankheitsverläufe mit grauen bis hämorrhagisch-fibrinösem Durchfall. Nennenswert sind die wirtschaftlichen Verluste durch schlechte Futterverwertung, geringe Mastleistungen, direkte Tierverluste und Bekämpfungskosten. Es sind neun Serogruppen von Brachyspira beschrieben.

Morphologie und Differenzierung

  • gram-negativ
  • 2-3 helikale einfach gewundene Stäbchenbakterien
  • obligat anaerob
  • Durchmesser: 0,3-0,6 µm, Länge: 5-13 µm
  • Kultur: anspruchsvolle Kultivierung, nur komplexe Medien, auf festen, Antibiotika- und bluthaltigen Nährmedien
  • Tenazität: in Dysenteriekot bis zu 48 d überlebensfähig, bei 0-10 °C, 24 h überlebensfähig bei 24 °C
  • starke β- Hämolyse
  • meist Indolbildung
  • Galaktosidase

Virulenzfaktoren

Die Virulenzfaktoren sind nur unzureichend bekannt, bisher beschriebene Virulenz-assoziierte Eigenschaften:

    • Hämolysin: zytotoxische Wirkung
    • Lipooligosaccharide (LPO)
    • Motilität durch Endoflagellen
    • Endotoxin
    • Adhärenz an Darmepithel (Mechanismus ungeklärt)
    • NADH-Oxidase (NOX): Reduktion von Sauerstoff → dadurch erhöhte Überlebensfähigkeit und Kolonisation des Darmepithels

Epidemiologie

Latent infizierte und rekonvaleszente Schweine (bis 70 Tage p. i.) schleppen den Erreger in den Bestand ein. Möglicherweise kann auch eine Übertragung durch Ratten und Mäuse stattfinden. Besonders betroffen sind Läuferschweine und jüngere Mastschweine. Begünstigt wird die Erkrankung durch Umweltfaktoren wie Stress, Futterumstellung, mangelnde Hygiene usw.  Ein Synergismus mit anderen Erregern wird diskutiert.

Pathogenese

Es kommt zur oralen Aufnahme, dann Vermehrung in den Becherzellen des Dickdarms und dort zu vermehrter Produktion von Mukus. Durch Schleimhautnekrosen in der Dickdarmmukosa kommt es zur verringerten Resorption und damit zu exsudativen Durchfällen.

Klinik

Die Krankheitsverläufe können akut bis chronisch verlaufen, perakute Todesfälle sind möglich. Der Krankheitsbeginn ist durch eine schlagartige Entleerung des Dickdarms gekennzeichnet wodurch die Flanken einfallen. Weiter Anzeichen sind:

  • mukohämorrhagische Colitis 
  • Allgemeinbefinden gestört
  • zementfarben-breiige und schleimig-blutige Durchfälle
  • meist kein Fieber
  • gestörtes Fressverhalten
  • Polydipsie
  • Kümmern
  • Kreislaufprobleme → zyanotische Ohren


In der Pathologie sind folgende Veränderungen zu erkennen: 

  • Colonmucosa mit Läsionen
  • fibrinöse bis ulzerative Colitis
  • verdickte Schleimhaut
  • milde fokale Ulzerationen

Diagnose

Dem Erregernachweis kommt eine besondere Bedeutung zu. Die mikrobiologische Diagnostik mittels Anzüchtung ist für die Differenzierung, die Resistenzbestimmungen und die Therapiekontrolle sehr wichtig. Hiermit ist auch eine Bestandsinfektion auszuschließen. Untersuchungen mittels Phasenkontrastmikroskopie, Dunkelfeldmikroskopie oder Immunfluoreszenzmikroskopie sind hinweisend, bieten aber keine eindeutige Diagnose. Für die mikrobiologische Untersuchung werden Kotproben und Kolonschleimhaut gewonnen. Zum Direktnachweis kann auch eine  PCR genutzt werden. Die indirekte Immunfluoreszenz wird für die Speziesdifferenzierung (serologisch mit Kaninchenserum) genutzt. Ein völlig sicherer Beweis für die Erregerfreiheit ist kaum möglich, weil z.T intermittierende Ausscheidung oder nur geringe Mengen an Erregermaterial. Serologisch kann der Erreger nicht nachgewiesen werden.

Differentialdiagnosen

Es kommen folgende Erkrankungen in Frage: Salmonellose, Schweinepest, Colidiarrhö der Absatzferkel, Coronavirusinfektionen (TGE, EVD), Rotavirusinfektionen, intestinale Adenomatose und die intestinale Spirochätose.

Therapie

Die wichtigste Therapie ist die Antibiose mit Tiamulin, Valnemulin, Tylosin oder Lincomycin. Achtung, es besteht eine zunehmende Resistenz bei Pleuromutilinen (Tiamulin, Valnemulin), Resistenzen gegen Tylosin und Lincomycin sind außerdem weiter zunehmend. Deshalb ist eine genaue Untersuchung der Brachyspira- Isolate nötig. Zudem empfiehlt sich eine strikte Antibiotika-Gabe auch 3 Wochen über die Klinik hinaus, sodass eine Persistenz im Dickdarm vermieden wird. Weitere Maßnahmen beinhalten die orale Rehydratation zum Ausgleich der Flüssigkeitsverluste. Tiere, die krankheitsbedingt weniger Futter aufnehmen, sollten parenteral behandelt werden. Dafür sind Tiamulin und Tylosin (10 mg/kg) sowie Lincomycin (15–20 mg/kg) geeignet.

Prophylaxe

Wichtig sind vor allem hygienische Maßnahmen: Einführen von latent infizierten Schweinen verhindern, regelmäßige Reinigung & Desinfektion, Schadnagerbekämpfung (Entwesung), Kotentfernung, Gülledesinfektion mit Cyanamid, Zukauf aus erregerfreien Beständen. Zugekaufte Tiere sollten zudem erst eine Quarantänezeit durchlaufen. Bisher ist es leider nicht gelungen einen wirksamen Impfstoff herzustellen.

Literatur/Weblinks

Durchfall, Einteilung nach der Krankheitsentstehung, online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Durchfall#Einteilung_nach_der_Krankheitsentstehung (Stand 1.04.2020)

Vancomycin, online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Vancomycin (Stand 1.04.2020)

Lincomycin, online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Lincomycin (Stand 1.04.2020)

Selbitz, H; Truyen, U; Valentin-Weigand, P: Hrsg. (2015): Tiermedizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre,10., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag

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Skript der Skripten-AG "Spezielle Mikrobiologie 2019"