Die Writing Culture Debatte stellt eine Zäsur in der Fach- und Theoriegeschichte der Sozial- und Kulturanthropologie dar.

Übersicht und Verlauf

Die Debatte kam in den späten 70er Jahren auf und kam 1986 mit dem Sammelband "Writing Culture: The Poetics and Politics of Ethnography" zu einem vorläufigen Höhepunkt. Der Name des Bandes ist dabei Programm, hat er doch gleich drei Bedeutungen: Die Ethnografie als Beschreibung von Kultur, die Kultur des Schreibens und das Festschreiben, sowie die damit verbundene Konstruktion von Kultur.
Vor allem die letzte Bedeutung wurde dabei kontrovers diskutiert und so beschäftigt sich die Debatte vor allem mit der literarischen Rolle des Ethnographen. Man spricht hier von der Krise der ethnographischen Repräsentation. 

In den klassischen Ethnographien wird jedes individuelle und subjektive Element ausgeblendet. Sie folgen dem positivistischen Wissenschaftsideal. Dagegen lesen sich die Titel und die Einführungen zu den Werken romanhaft; der Forscher erzählt von seinem ersten Kontakt mit den "Fremden" oder beschreibt die Dorfidylle. Im Hauptteil hingegen bleibt völlig im Dunkeln, wie der Forscher zu seinen Daten gelangte.

Des Weiteren ausgespart werden Probleme, die sich im Verlauf der Feldforschung für den Ethnographen ergeben, beispielsweise Kulturschock, Einsamkeit, Konflikte. Diese kommen erst in geheimen Tagebüchern (Malinowski), unter Pseudonym veröffentlichten Berichten (Laura Bohannan) oder in teils autobiographischen Werken vor (Lévi-Strauss' Traurige Tropen). Die Neutralität zu bewahren scheint oberstes Gebot für die klassischen Ethnographen gewesen zu sein.

Diese Neutralität kann laut Writing Culture Vertretern wie Edward Said und James Clifford allerdings kein Ethnologe gewährleisten. Ganz im Gegenteil: In "Time and the other" (1983) greift Johannes Fabian das Problem der asymmetrischen Repräsentation auf. Seine These lautet, Ethnographien machen aus untersuchten Gesellschaften erst das "Andere"; häufig mit dem Ziel koloniale Ziele zu rechtfertigen. Man spricht dabei von "Othering".

Die Ziele dieser die Ethnologie revolutionierenden Strömung ist Beschäftigung mit der Wissenschaft selbst und mit den Kontexten der Produktion von Wissen über Andere. Außerdem versucht man experimentelle Formen der Ethnographie auszuprobieren (literary turn).

Erkenntnisse der Writing-Culture Debatte

Veränderungen in der Folge der Debatte

Methoden

Zwei grundsätzliche Methoden der Writing Culture sind die dialogische und die polyphone Ethnologie:

1. Dialogische Ethnologie meint den Vergleich von ethnologischer Beobachtung mit den Aussagen von Informanten. Ihr Ziel ist die Darstellung der Differenz zwischen westlichen Ansichten und denen der Einheimischen und das Aufzeigen der Angreifbarkeit des Forschers.

2. Polyphone Ethnologie (Mehrstimmige Ethnologie) ersetzt die eine Stimme des Ethnographen durch viele Stimmen seiner Informanten. Durch eine möglichst wortgetreue Wiedergabe ihrer Ansichten wird der Facettenreichtum individueller Wirklichkeitsauffassungen dokumentiert. Der Ethnograph ist dabei lediglich Vermittler. Das Ziel der polyphonen Ethnologie ist der Abbau der Hierarchie zwischen Ethnologe und Informant.

Zitate

"Once cultures are no longer prefigured visually - as objects, theaters, texts - it becomes possible to think of a cultural poetics that is an interplay of voices, of positioned utterances. In a discursive rather than a visual paradigm, the dominant metaphors for ethnography shift away from the observing eye and toward expressive speech (and gesture). The writer's 'voice' pervades and situates the analysis, and objective, distancing rhetoric is renounced."

Clifford, James (1986): Introduction: Partial truths, in: Ders. & George Marcus (Hg.)

Literatur