Allgemeines

Marcel Mauss (1872-1950) war Neffe und Schüler Emilé Durkheims und nach 1917 Verwalter des Erbes der Durkheimschule einschließlich der L'Année Sociologique. Besonders berühmt wurden seine Aufsätze unter anderem Die Gabe.

Zitat

"Es handelt sich also um mehr als nur um Motive oder institutionelle Elemente, um mehr als um komplexe Institutionen, sogar um mehr als Systeme von Institutionen, unterteilt in Religion, Recht, Wirtschaft etc. Wir haben es mit >> Ganzheiten<< zu tun, mit gesellschaftlichen Systemen in ihrer Gesamtheit. Wir haben Gesellschaften in ihrem dynamischen oder physiologischen Zustand gesehen. Wir haben sie nicht beschrieben, als seien sie versteinert, in einem statischen oder skelettartigen Zustand, und noch weniger haben wir sie seziert und in Rechtsvorschriften, Mythen, Werte, usw. zerlegt. Nur indem wir sie als Ganzheiten untersuchten, konnten wir ihr Wesen aufspüren, ihren Prozeß und ihren lebendigen Aspekt, den flüchtigen Augenblick fassen, da die Gesellschaft und ihre Mitglieder ein gefühlsmäßiges Bewußtsein ihrer selbst und ihrer Situation gegenüber den anderen erlangen. Nur durch eine solche konkrete Beobachtung des gesellschaftlichen Lebens können neue Tatsachen gefunden werden, die wir erst zu ahnen beginnen. Nichts ist unserer Meinung nach dringender und hoffnungsvoller als ein solches Studium der totalen gesellschaftlichen Tatsachen."

Mauss, Marcel(1989\[1924\]): Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften, in: Ders.: Soziologie und Anthropologie, Frankfurt/Main: Fischer, S. 139.