Im Zentrum des 1.Teil des Seminars (Gransche) steht die Verbindung von Zukunft und Moral (Ethik). Dabei wird herausgearbeitet, inwiefern Zukünfte stets etwas Normatives haben und Zukunftsvorstellungen immer auch moralisch relevant sind. Dazu muss Zukunft aus modaler Perspektive in den Fokus gerückt werden, wonach Zeitinstanzen sich v.a. dadurch unterscheiden, was in ihnen jeweils möglich, unmöglich oder notwendig ist. Die ethische Handlungsorientierung mit speziell modaler Zukunftsperspektive zeigt dann, dass Handeln sich neben der Form des Realisierungshandelns (X herbeiführen) v.a. in der Form des Ermöglichungshandelns (X herbeiführbar machen) strukturierend in die Zukunft auswirkt. Erst als modale Gestaltung erhält Zukunftsgestaltung überhaupt einen Sinn und Zukunftsforschung (Foresight, Future Studies etc.) Ansatzpunkte. Die Inhalte kreisen um den Befund einer Veränderungsbeschleunigung und daraus resultierender Herausforderungen für Zukunftsexpertise und Handlungsorientierung.
Der 2. Teil des Seminars (de Haan) stellt Bezüge zu den Ausführungen von B. Gransche her. Ausgangspunkt sind dabei Überlegungen zum Themenbereich "Macht". Macht ausüben heißt, das Möglichkeitsspektrum festzulegen, in dem die Machtinhaber*innen agieren und die Adressaten handeln sollen. Ist das schon mit etlichen Schwierigkeiten verbunden, so verstärken sich die Probleme fundamental aufgrund der Einsicht, dass Macht ohne Zukunftsbezug gar nicht gedacht werden kann: Wer meint Macht ausüben zu wollen, muss von der Vorstellung beherrscht sein, dass die Zukunft ohne Intervention anders verliefe als intendiert. Wie können die Machthaber*innen aber Kenntnis darüber haben, wie das Gegenüber handeln wird? Sie müssen wissen, was nicht sein sollte, was sein sollte und auch noch wissen, was die Zukunft ohne Intervention via Macht bringt. Daher ist man – etwa in der Politik – nicht nur gut beraten, die Komplexität durch ein frühzeitiges Definieren von Alternativen oder Operationalisieren von Zwecken zu reduzieren, sondern auch zu wissen, wie die Zukunft aussehen wird, wenn man nicht eingreift. Was ist dazu in der Zukunftsvorausschau, in Zukunftsszenarien zu finden? Lösen diese schon die Probleme? Sind sie selbst Ausdruck von Macht oder sind erst die nachgeordneten Nutzer*innen der Studien, die sich dann an das „Verunmöglichungshandeln“ etc. machen?
(Text aus Lehrplan)
Literaturempfehlungen (UNI)
Titel | Autor (Jahr) | Key Words / Schlagworte | Extras | |
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Einführung in die Ethik | Werner, M. H. (2020) | Ethics; Moral Philosophy and Applied Ethics; | Link | |
Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. | Koselleck, R. (1989) | Geschichte; Zeit; Vergangenheit; Zukunft; Koselleck; Philosophie; | ||
Confessiones (Übersetzung von Otto F. Lachmann: Die Bekenntnisse des heiligen Augustinus, 1888) | Augustinus (um 400 n.Ch.) | Link | ||
Ethik der Veränderung – verantwortliches Handeln und Veränderungsbeschleunigung | Gransche, B. (2016) | |||
Improvisierte Provisorien. Zukunft als Möglichkeitsraum modaler Gestaltung | Gransche, B. (2019) | |||
Sein zur Lust. Zukünfte als Modalstrukturen | Gransche, B. (2021) | Zukunft; Zukünfte; Gefühle; Lust; Emotionen; Begehren; Foresight; Futures Studies; Modalstrukturen; Möglichkeitsräume; | aus: Schäfer, K. et al. (2022) Gefühlte Zukunft : Emotionen Als Methodische Herausforderung Für Die Zukunftsforschung. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH. | |
Klassische Theorie der Macht: Kritik ihrer Prämissen | N. Luhmann (1969) | Macht; Systemtheorie; | ||
Auf dem Weg in ein hybrides Zeitalter? | BMBF (2022) | Link | ||
Regierungs-Foresight – Stand und Perspektiven | IIT/Bovenschulte et al. (2021) |