Ätiologie
- ausgelöst durch Brachyspira hyodysenteriae
- eine der wichtigsten Darminfektionen des Schweines weltweit
- chronische Krankheitsverläufe mit grauen bis hämorrhagisch-fibrinösem Durchfall
- wirtschaftliche Verluste durch schlechte Futterverwertung, geringe Mastleistungen, Bekämpfungskosten
- 9 Serogruppen von Brachyspira beschrieben
Wirtschaftli-
che Schäden entstehen in erster Linie durch schlechtere
Futterverwertung, verlängerte Mastzeiten und Bekämp-
fungskosten, aber auch durch direkte Tierverluste. Die
Schweinedysenterie gehört weltweit zu den wichtigsten
Darminfektionen der Mastschweine und wird durch Bra-
chyspira hyodysenteriae ausgelöst.
Morphologie und Differenzierung
- Gram-negativ
- obligat anaerob
- Familie der Spirochäten:
- Durchmesser: 0,3-0,6 µm
- Länge: 5-13 µm
- 2-3 helikale einfach gewundene Stäbchenbakterien
Kultur
- anspruchsvolle Kultivierung
- nur auf komplexen Medien anzüchtbar
- Anzucht auf festen, Antibiotika- & bluthaltigen Nährmedien
Tenazität
- in Dysenteriekot bis zu 48 d überlebensfähig bei 0-10 °C
- 24 h überlebungsfähig bei 24 °C
Differenzierung/Biochemie
- Klinische Verdachtsdiagnose → Pathountersuchung bei verendeten Tieren
- Phasenkontrastmikroskopie von verdächtigem Probenmaterial
- Mikrobiologische Untersuchung: unbedingt durchzuführen, wichtig für Resistenzbestimmung und Kontrolle des Therapieerefolgs
- Material: Kotproben und Kolonschleimhaut
- Medium: Selektivmedien mit Zusätzen von Schweinekot und bestimmten Antibiotika (Rifampin, Colistin, Spectinomycin, Vancomycin)
- Bebrütung: 3-5 Tage bei 41°C unter anaeroben Bedingungen
- starke β- Hämolyse
- meist Indolbildung
- Galaktosidase
- indirekte Immunfluoreszenz für Speziesdifferenzierung (serologisch mit Kaninchenserum)
- PCR: Nachweis von:
- Hämolysin (hly bei hyodysenteriae)
- NADH-Gen (nox)
- 16/23S rRNA
- ein völlig sicherer Beweis für die Erregerfreiheit ist kaum möglich, weil z.T intermittierende Ausscheidung oder nur geringe Mengen
Virulenzfaktoren
- nur unzureichend bekannt
- bisher beschriebene Virulenz-assoziierte Eigenschaften:
- Hämolysin: zytotoxische Wirkung
- Lipooligosaccharide (LPO)
- Motilität durch Endoflagellen
- Adhärenz an Darmepithel (Mechanismus ungeklärt)
- NADH-Oxidase (NOX): Reduktion von Sauerstoff
- Dadurch erhöhte Überlebensfähigkeit & Kolonisation des Darmepithels
Als Virulenzfaktoren werden Endotoxin und Hämolysin
diskutiert.
Epidemiologie
- infizierte Schweine schleppen Erreger in Bestand ein
- latent infizierte oder auch rekonvaleszente Tiere bis 70 Tage p.i.
- möglicherweise auch übertragbar durch Ratten und Mäuse
- orale Aufnahme, dann Vermehrung in Becherzellen des Dickdarms, dort vermehrte Produktion von Mukus
- Schleimhautnekrosen in Dickdarmmukosa, dadurch verringerte Resorption → exsudative Diarrhö
- Begünstigung der Krankheitsentstehung durch Umweltfaktoren wie Stress, Futterumstellung, mangelnde Hygiene usw.
- mglw. Synergismus mit anderen Erregern
Habitat dieser an
das Schwein adaptierten Bakterienart ist der Dickdarm.
Pathogenese
Klinik
- Mukohämorrhagische Colitis
- Allgemeinbefinden gestört
- Zementfarben-breiige und schleimig-blutige Durchfälle
- betroffen sind Läufer und jüngere Mastschweine
- Krankheitsverläufe akut bis chronisch, auch perakute Todesfälle möglich
- Krankheitsbeginn durch schlagartige Entleerung des Dickdarms gekennzeichnet, Flanken fallen ein
Patho:
- Colonmucosa mit Läsionen
- fibrinöse bis ulzerative Colitis
- verdickte Schleimhaut
- milde fokale Ulzerationen
Die im Bestand chronisch verlaufende
Schweinedysenterie äußert sich in zementfarbenen bis
blutig-fibrinösen Durchfällen, die auf Entzündungen der
Blinddarm- und Kolonschleimhäute beruhen
Diagnose
Differentialdiagnosen
Therapie
- Antibiose:
- Tiamulin, Valnemulin, Tylosin & Lincomycin
- Cave: zunehmende Resistenz bei Pleuromutilinen (Tiamulin, Valnemulin), Resistenzen gegen Tylosin und Lincomycin weiter zunehmend
- deshalb genaue Untersuchung der Brachyspira- Isolate nötig, strikte Antibiotika- Gabe über 3 Wochen und darüber hinaus, sodass eine Persistenz im Dickdarm vermieden wird.
- orale Rehydratation
- Hygienische Maßnahmen:
- Einführen von latent infizierten Schweinen verhindern
- regelmäßige Reinigung & Desinfektion
- Schadnagerbekämpfung (Entwesung)
- Kotentfernung
- Gülledesinfektion mit Cyanamid
- Zukauf aus erregerfreien Bestanden
Prophylaxe
Prognose
Literatur/Weblinks
- Durchfall, Einteilung nach der Krankheitsentstehung, online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Durchfall#Einteilung_nach_der_Krankheitsentstehung (Stand 1.04.2020)
- Vancomycin, online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Vancomycin (Stand 1.04.2020)
- Lincomycin, online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Lincomycin (Stand 1.04.2020)
- Selbitz, H; Truyen, U; Valentin-Weigand, P: Hrsg. (2015): Tiermedizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre,10., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag
- Offizielle Vorlesungsunterlagen Institut für Mikrobiologie FU Berlin
- Skript der Skripten-AG "Spezielle Mikrobiologie 2019"