Date: Thu, 28 Mar 2024 15:26:42 +0100 (CET) Message-ID: <1673533447.68.1711636002116@userwikis-live.cedis.fu-berlin.de> Subject: Exported From Confluence MIME-Version: 1.0 Content-Type: multipart/related; boundary="----=_Part_67_445989615.1711636002115" ------=_Part_67_445989615.1711636002115 Content-Type: text/html; charset=UTF-8 Content-Transfer-Encoding: quoted-printable Content-Location: file:///C:/exported.html
Der Erreger Erysip= elothrix rhusiopathiae kann Rotlauf beim Schwein und auch beim Gefl=C3=BCgel hervorrufen= . Es gibt ein zoonotisches Potential!
Der Erreger des Rotlaufs ist das gram-positive Bakterium Erysipelothrix rhusiopathiae.
Es handelt sich um ein nicht sporendbildendes, unbewegliches, kapselloses =
und fakultativ anaerob lebendes Bakterium, welches eine gro=C3=9Fe Temperat=
ur- und pH -Toleranz besitzt.
E. rhusiopathiae ist ein st=C3=A4bchenf=C3=B6rmig, gerades bzw. leicht geb=
ogenes ca. 0,3 - 0,8-2,5=C2=B5m gro=C3=9Fes Bakterium. Gelegentlich kann es=
Filamente von einer Gr=C3=B6=C3=9Fe von bis zu 60=C2=B5m ausbilden. Der Er=
reger kommt weltweit vor und ist bei vielen Tieren Bestandteil der Normalfl=
ora.
Das Bakterium ist in der Lage H2S im Kligler Agar zu bilden, zeigt jedoch =
nur eine schwach fermentative Aktivit=C3=A4t. Bei =C3=A4lteren Kolonien wir=
d h=C3=A4ufig ein gram-labiles Verhalten beobachtet.
Bisher sind 26 Serovare definiert.
Empf=C3=A4nglich f=C3=BCr E. rhusiopathiae sind verschiedene S=C3= =A4ugetierarten wie zum Beispiel Schweine, Schafe, M=C3=A4use, Ratten, Delp= hine und der Mensch. Damit geh=C3=B6rt der Erreger zu den Zoonosen. Aber au= ch f=C3=BCr Fische und V=C3=B6gel ist die Rotlauf-Erkrankung relevant. Vor = allem in der Nutzgefl=C3=BCgel-Haltung spielt sie eine wichtige Rolle. Beso= nders betroffen sind hierbei Puten, Enten und Legehennen. E. rhusiopathiae = ist weltweit verbreitet und kommt ubiquit=C3=A4r vor.
Nachweisen l=C3=A4sst er sich vor allem in der Erde, im Schlamm, i= m Oberfl=C3=A4chenschleim von Seen sowie im Abwasser und in verunreinigtem = Futter. Ein wichtiges Reservoir bilden auch infizierte Hauss=C3=A4uger, Nag= etiere, Fische und Wildv=C3=B6gel, wobei er in bis zu 50% in den Tonsillen = von infizierten Schweinen persistiert. Diese werden daher als bedeutendste = Infektionsquelle beschrieben. Des Weiteren k=C3=B6nnen au=C3=9Ferdem infizi= erte Tierkadaver und Schlachtk=C3=B6rperabf=C3=A4lle als Reservoir dienen u= nd sind hierbei nicht au=C3=9Fer Acht zu lassen.
Die =C3=9Cbertragung des Rotlauf-Erregers findet horizontal statt = und kann sowohl direkt als auch indirekt =C3=BCber kontaminierte Gegenst=C3= =A4nde erfolgen. Hieraus ergibt sich eine durchaus komplexe Infektionskette= . Vorwiegend erfolgt die =C3=9Cbertragung =C3=BCber den f=C3=A4kal-oralen I= nfektionsweg, wobei es zur Aufnahme von Exkretionssekreten wie Kot oder Har= n bzw. von mit Sekreten kontaminierter Nahrung kommt. Bei den Exkretions-Au= sscheidern handelt es sich hierbei meist um Schweine oder weiteres infizier= tes Gefl=C3=BCgel. Auch die konjunktivale oder perkutane Aufnahme wer= den beschrieben. Der Erreger dringt hierbei meist =C3=BCber Haut-oder Schle= imhautl=C3=A4sionen ein, welche initial durch gegenseitiges Bepicken oder A= rthropoden-Stiche entstanden sind und f=C3=BChrt zu einer Wundinfektion. De= s Weiteren kann die =C3=9Cbertragung auch iatrogene Ursachen haben, w= ie zum Beispiel durch die Infektion mit einer kontaminierten Nadel oder dur= ch k=C3=BCnstliche Besamungen. Ein wichtiger Hinweis hierf=C3=BCr ist das E= rkranken der H=C3=BChner vier bis f=C3=BCnf Tage nach dem Eingriff.<= /p>
Bei E. rhusiopathiae handelt es sich um einen obligat pathogenen Erreger= , bei Rotlauf selbst jedoch um eine Faktorenkrankheit. Dies bedeutet, dass = die Krankheit vorwiegend unter bestimmten Voraussetzungen ausbricht, wie zu= m Beispiel gleichzeitige Immunsuppression, Stress odersekund=C3=A4re Infekt= ionen. Die Virulenz des Erregers beruht auf verschiedenen Faktoren, von wel= chen die wichtigsten im Folgenden erl=C3=A4utert werden sollen. Die Hyaluro= nidase bewirkt eine Aufl=C3=B6sung von Bindegewebe, wodurch die Verbreitung= der Bakterien im Gewebe erleichtert wird. Daher z=C3=A4hlt sie zu den soge= nannten "Spreading Factors".
Das Enzym dient daher dem Phagozytoseschutz und der Immunevasion. Die Ne= uraminidase spaltet N-Acetyl Neuramins=C3=A4ure (NANA)aus den Wirtszellmemb= ranen ab und erm=C3=B6glicht somit die Adh=C3=A4sion und Invasion von Wirts= zellen sowie die Kolonisierung von Gewebe und Biofilmbildung auf Oberfl=C3= =A4chen. Die sezernierte Koagulase f=C3=B6rdert die Umwandlung von Fi= brinogen zu Fibrin, welches sich um den Erreger anlagert und diesen maskier= t. Auch die in der bakteriellen Kapsel enthaltenen Polysaccharide sch=C3=BC= tzen den Bakterien vor Phagozytose und f=C3=B6rdern das =C3=9Cberleben in d= en Wirtstzellen. Ein wichtiges Protein ist auch das=E2=80=9ESurface Protect= ive Antigen A =E2=80=9C, das sogenannte SpaA, welches der Adh=C3=A4sion an = Wirtsstrukturen dient.
Als weitere relevante Virulenzfaktoren k=C3=B6nnen die Collagenase, Kina= se und das =C3=84dhasin =E2=80=9EInvasin=E2=80=9C genannt werden.
Die Inkubationszeit betr=C3=A4gt in der Regel ein bis acht Tage. Initial= kommt es zu einer raschen h=C3=A4matogenen Erregerverbreitung im K=C3=B6rpe= r, welche bereits 24 Stunden nach Infektion zu Septik=C3=A4mie und Bakteri= =C3=A4mie f=C3=BChrt. Pathologisch unterscheidet man die akute und die prot= rahierte bzw. chronische Verlaufsform.
Bei akuten Verl=C3=A4ufen l=C3=A4sst sich eine generalisierte disseminie= rte intravasale Koagulopathie nachweisen, welche zum pl=C3=B6tzlichen Verst= erben des infizierten Tieres f=C3=BChrt. Bei chronischen Verl=C3=A4ufen kom= mt es durch die vielen perivaskul=C3=A4re L=C3=A4sionen zu Fibrin-Ansammlun= gen sowie zur Aktivierung des Bindegewebes in Gelenken, Herzklappen und Blu= tgef=C3=A4=C3=9Fen. Hierdurch entwickeln sich sekund=C3=A4re Herde vor alle= m an Herzklappen, Haut und Gelenken, welche sich pathologisch nachweisen la= ssen.
Bei chronisch verlaufender Erkrankung wird der Erreger noch bis zu 41 Ta= ge lang ausgeschieden.
Pathologische Symptome
Charakteristisch f=C3=BCr die Rotlauferkrankung beim Gefl=C3=BCgel= sind die Hautl=C3=A4sionen sowie die in der Sektion gut sichtbaren Ver=C3= =A4nderungen an Leber, Milz und Niere. Diese wirken zumeist wie gekocht, si= nd teilweise marmoriert und weisen eine ausgepr=C3=A4gte Schwellung auf. Au= ch Nekroseherde k=C3=B6nnen vereinzelt an Leber und Milz nachgewiesen werde= n. Durch die Bindegewebe-Aktivierung der chronischen Form kommt es weiterhi= n zu Perikarditiden, valvul=C3=A4ren Endokarditiden und proliferative Arthr= itiden mit Pannusbildung.
Auch Entz=C3=BCndungsgeschehen in anderen Organsystemen, wie zum B= eispiel katarrhalisch bis h=C3=A4morrhagische Enteritiden, Salpingitis und&= nbsp; Peritonitis lassen sich nachweisen. Typisch sind zudem H=C3=A4morrhag= ien, welche im Herz-und Bauchfett sowie in der Darmwand und Skelettmuskulat= ur, gefunden werden k=C3=B6nnen.
Rotlauf zeichnet sich beim Gefl=C3=BCgel durch auftretende Septik=C3=A4m= ien aus. Es kommt zu pl=C3=B6tzlichen Todesf=C3=A4llen sonst gesunder Tiere= . Todesf=C3=A4lle k=C3=B6nnen in einem Bestand pl=C3=B6tzlich f=C3=BCr eine= n kurzen Zeitraum oder auch =C3=BCber einen Zeitraum von mehreren Monaten a= uftreten. Dies f=C3=BChrt zu einer Schwankung in der Gesamtmortalit=C3=A4t = zwischen 1% bis 50%. Legehennen k=C3=B6nnen trotz Erkrankung keinen Leistun= gsabfall zeigen.
Der akute Verlauf zeichnet sich durch schwere F=C3=A4lle und hohe Mortal= it=C3=A4tsraten aus. Es k=C3=B6nnen rot-violette Ver=C3=A4nderungen der Hau= t erkannt werden. Bei Puten fallen =C3=B6demat=C3=B6se Schwellungen im Bere= ich des Stirnzapfens auf. Des Weiteren k=C3=B6nnen die Tiere unter Diarrh= =C3=B6 leiden. Ein Exitus tritt meist nach 24 bis 48 h auf. In seltenen F= =C3=A4llen kann es zu einem chronischen Verlauf mit exsudativen Gelenksentz= =C3=BCndungen und/oder dunkelroter, lederartiger Ver=C3=A4nderung der Haut = kommen.
Die Diagnose des Gefl=C3=BCgel Rotlaufs erfolgt =C3=BCber den Nachweis, = =C3=BCber Isolierung =E2=80=93 Identifizierung =E2=80=93 Nachweis oder =C3= =BCber die Serologie. Ein Erregernachweis kann im Labor =C3=BCber ein Abkla= tschpr=C3=A4parat von Leber, Milz und Herzblut erfolgen. Die Erregerisolier= ung erfolgt auf Blutagar bei 37 =C2=B0C f=C3=BCr 48 - 72 Stunden unte= r aeroben Bedingungen. Nach dieser Zeit kann man tautropf=C3=A4hnliche, kle= ine, durchscheinende Kolonien erkennen. In der Gramf=C3=A4rbung sehen wir g= rampositive, schlanke, kurze St=C3=A4bchen.
Der Erreger kann mittels Biochemie und Serologie identifiziert werden. D= af=C3=BCr k=C3=B6nnen einerseits API Coryne, Schnelltestsysteme zur Bestimm= ung von Bakterien, genutzt werden. Eine weitere M=C3=B6glichkeit ist die Du= rchf=C3=BChrung einer Bunten Reihe. Mit dieser erhalten wir folgende Ergebn= isse: das Bakterium ist Oxidase und Katalase negativ und unbeweglich, es is= t H2S positiv und kann sowohl Glucose als auch Ribose und Laktose abbauen.<= /p>
Die 26 Serovare k=C3=B6nnen mittels Agargelpr=C3=A4zipationstest (AGP) m= it autoklavierter Kultur und spezifischen Antiseren unterschieden werden.= p>
Zu den Differentiadiagnosen geh=C3=B6ren die Pasteurellose, eine Coliseptik=C3=A4mie, die= Salmonellose, di= e Streptokokkose, die Chlamydiose, sowie Newcastle Disease und Avi=C3=A4re Influenza. Vergif= tungen k=C3=B6nnen aber auch zu =C3=A4hnlichen Symptomen f=C3=BChren.
Eine Behandlung mit Antiinfektiva (z.B. Ampicillin, Amoxicillin oder Ery= thromycin) =C3=BCber das Tr=C3=A4nkwasser ist m=C3=B6glich (z.B. Ampicillin= : 1000-2000 mg/l Trinkwasser =C3=BCber eine Anwendungsdauer von 5 Tagen), j= edoch ist nach Absetzen der Arzneimittel mit erneutem Auftreten von Krankhe= itsf=C3=A4llen zu rechnen. Bei erfolgreicher Therapie ist eine gleichzeitig= e Anwendung von Impfstoffen zu empfehlen.
Zun=C3=A4chst ist ein einwandfreies Betriebsmanagement einschlie=C3=9Fli= ch der Bek=C3=A4mpfung von Schadnagern sowie einer weitr=C3=A4umigen Trennu= ng von anderen landwirtschaftlichen Nutztieren unerl=C3=A4sslich. Dar=C3=BC= ber hinaus spielt eine aktive Immunisierung der Tiere eine entscheidende Ro= lle bei der Bek=C3=A4mpfung des Rotlaufs. Eine zweimalige Impfung von 6 bis= 14 Wochen alten Puten im Abstand von 1 bis 2 Monaten verleiht in den meist= en F=C3=A4llen einen guten Schutz, der mindestens 12 Monate vor einer Neuin= fektion sch=C3=BCtzt. Die Impfung erfolgt durch die Applikation eines inakt= ivierten Rotlauferregers oder von autogenen Impfstoffen oder durch Umwidmun= g des f=C3=BCr Schweine zugelassenen Impfstoffes (z.B. Porcilis Ery, Rhusio= vac).
Als sicherste Mittel zur Vorbeugung von wirtschaftlichen Sch=C3=A4= den in der Gefl=C3=BCgelhaltung haben sich die Einhaltung hygienischer Ma= =C3=9Fnahmen, das Rein-Raus-System und die Immunprophylaxe bewehrt. In Deut= schland stehen zugelassene Formalin-inaktivierte, Aluminiumhydroxid adsorbi= erte Vakzine (Erysorb=C2=AE, Intervet)zur Verf=C3=BCgung. Diese enthalten v= erschiedene St=C3=A4mme derSerotypen1 und 2. Die Mastputen werden ab der 7.= und 11. Lebenswoche geimpft, w=C3=A4hrend die Zuchtputen ihre Erstimpfung = in der12. und die Zweitimpfung in der16. Lebenswoche bekommen. Ist eine Her= de erkrankt, wird empfohlen die im Betrieb nachfolgenden Herden zu impfen. = Weiterhin sollte w=C3=A4hrend der Erkrankung der Kontakt zu den betroffenen= Tieren vermieden werden und infizierte H=C3=A4hne sollten von der Zucht au= sgeschlossen werden.
E. rhusiopathiae hat ein zoonotisches Potential und die Menschen sind da= f=C3=BCr sehr empf=C3=A4nglich. Die =C3=9Cbertragung erfolgt meist =C3=BCbe= r Hautverletzungen, selten oral. An den betroffenen Stellen kommt es zu sch= merzhaften und juckenden R=C3=B6tungen, die in der Regel nach zwei bis drei= Wochen spontan abheilen. Meist entwickelt sich die gutartige Hautform =E2= =80=9EErysipeloid=E2=80=9C,die zu gut abgrenzbaren Schwellungenmit rotbl=C3= =A4ulichen Erythemen an den Fingern und Handr=C3=BCckenf=C3=BChrt. Geschwol= lene tribut=C3=A4re Lymphknoten, fieberhafte und septik=C3=A4mische Formen = mit Endokarditiden und Enzephalitiden treten hingegen seltener auf. Es wurd= e bisher keine =C3=9Cbertragung von Mensch zu Mensch nachgewiesen. Das Erys= ipeloid ist eine typische Berufskrankheit von Tier=C3=A4rztenInnen, Tierpfl= egerInnen, MetzgerInnen, Besamungspersonal, Personal in Schlachtereien, Fis= chh=C3=A4ndlerInnen.